Ein Dienstag Mitte Juli
Das war ein Tag! Ich hatte das Seminar, das ich schon öfter in Leipzig und Erfurt gehalten hatte, diesmal online zu betreuen. Im Homeoffice.
Ein paar Befürchtungen hatte ich, weil das Einloggen der Teilnehmenden vor Ort oft schwierig vonstatten ging. Aber unser Produktmanagement hatte das Seminar so gut vorbereitet, dass sämtliche Befürchtungen unbegründet waren.
Das Seminar lief sogar besser, als die, die ich bisher vor Ort gehalten habe. Das mache ich gern wieder.
Die zweite Befürchtung war, dass ich 9 Stunden am Schreibtisch nicht durchhalten würde. Aber auch das war erträglich. Nicht schmerzfrei, das kann ich wohl nicht mehr erwarten, aber immerhin ertrtäglich.
Am späten Nachmittag setzte ich mich auf meinen schönen grünen Balkon.
Mehr brachte ich nicht fertig, obwohl ich hätte müssen.
Mein Leben befindet sich gerade in einem Abwärtsstrudel.
Wegen der angeknacksten Gesundheit kann ich nicht so viel arbeiten, wie ich gern möchte und wie ich auch müsste, um meine Kosten zu decken. Die Krankenversicherung will mehr Beitrag von mir, als ich überhaupt einnehme. Da muss ich mich kümmern, aber nach einem ganzen Arbeitstag am Rechner fällt es mir schwer, noch Rechnungen herauszusuchen und für die Kasse aufzubereiten. Und wie weise ich ein Einkommen nach, das ich nicht habe. Soll ich denen meine Kontoauszüge senden, auf denen sie die Einkünfte sehen können? Mist, Mist.
Beim Auto ist die HU fällig. Ich käme natürlich zur Prüfstelle, aber von da zurück ist ein sehr weiter Weg. Ich fürchte, dass ich den zu Fuß nicht schaffe. Ich habe aber auch niemanden mehr, der mich da abholen könnte: Der Schatz darf und kann wegen seiner Augen nicht fahren. Bis vor kurzen hätte ich die SchwieTo gebeten, aber das fällt aus, denn sie hat den Sohn verlassen, weil sie in ihrem Leben noch etwaas erleben will. So lange sie noch gelernt und kein eigenes Einkommen hatte, hat sie beim Sohn gewohnt und sich von ihm finanzieren lassen. Na gut, da gehören zwei dazu und er hat es gern gemacht, weil er sie geliebt hat und weil er dachte, das hält ewig. Aber jetzt, da sie eigenes Geld verdient, hat sie sich zuerst einen eigenen Garten genommen, mit der Begründung, sie möchte was eigenes haben und anbauen dürfen, was sie will. Das hätte sie bei uns auch gedurft und ich hatte damals im letzten Sommer schon so ein blödes Gefühl. Und jetzt, Anfang diesen Jahres hat sie sich eine eigene Wohnung genommen. Ich meine, gut, zusammenziehen will gut überlegt sein. Aber wenn man schon drei Jahre zusammen gewohnt hat {wohlgemerkt ohne Verpflichtungen, denn die Wohngung hat der Sohn finanziert, war ja schon immer seine}, dann auszuziehen, das ist schon heftig. Und dann solche Sprüche: Ich gebe doch mein hart verdientes Geld nicht für die Familie aus! Hallo?
Meine kleine Frau hat schon im letzten Frühjahr ein paar Mal zu mir gesagt: Sie gefällt mir nicht mehr. Sie verhält sich seltsam, als ob sie den Ch. nur ausnutzt. Recht hatte sie, mit ihrer 90 jährigen Lebenserfahrung.
Ach, meine kleine alte Frau. Gerade überrollt mich wieder die Trauer.